Am Samstag, den 4. Juli 2020 fand in der Brünnhildestraße am Cosimaplatz eine temporäre Spielstraße statt. Über den Tag verteilt nutzten um die Hundert Kinder und Erwachsene die Straße zum Spielen, zum Verweilen und für den nachbarschaftlichen Austausch. Dabei wurde das Konzept temporäre Spielstraße testweise einmalig umgesetzt.

Bei temporären Spielstraßen wird eine (Neben-) Straße an einem bestimmten wiederkehrenden Tag, z.B. einmal in der Woche oder im Monat, für den Autoverkehr gesperrt und für die Nachbarschaft als Spiel- und Begegnungszone geöffnet. Besonderes in einer ständig wachsenden Stadt mit immer knapper werdenden Grünflächen, Erholungsorte und öffentlichen Räume zum Verweilen sind temporäre Spielstraßen ein einfaches und kostengünstiges Instrument, die Straße gelegentlich wieder anders zu nutzen. Vor allem während der COVID-19 Pandemie ist die Bereitstellung von Platz umso wichtiger, damit Menschen sich im Freien bewegen und dabei genug Abstand halten können.

In Berlin gab es bisher eine etablierte Spielstraße in Kreuzberg, doch im Zuge der Pandemie wurden in Kreuzberg-Friedrichshain und Neukölln auf Anlass des Bezirks und mit Unterstützung aus der Nachbarschaft mehrere temporäre Spielstraßen eingerichtet.

In Tempelhof-Schöneberg ist dies bisher noch nicht passiert – obwohl dies von vielen Anwohnenden gefordert wird und die Bezirksverordnetenversammlung in einem Beschluss festgelegt hat, sich für temporäre Spielstraßen im Bezirk einzusetzen. Deshalb entschloss sich eine Gruppe von Anwohnenden rund um den Cosimaplatz, die sich Rahmen des vergangenen Kiezlabors zusammengeschlossen hatten, das Ganze einfach einmal auszuprobieren. Dafür musste ein Antrag auf Sondernutzug des Straßenrechts gestellt werden, wie es bei größeren Veranstaltung wie z.B. Festen notwendig ist. Denn ein einfacheres Verfahren zur Anmeldung von Spielstraßen wie in anderen Bezirken gibt in Bezirk Tempelhof-Schöneberg bisher noch nicht.

Nach fast zwei Monaten Vorlaufzeit war es dann soweit: um 12 Uhr wurde die Brünnhildestraße für den Autoverkehr gesperrt, die Anwohnenden parkten ihre Autos um und gaben somit dem Blick frei auf einen Anblick, an den wir nicht mehr gewöhnt sind: eine Straße ohne Autos. Es blieb nicht lange ruhig, denn schon bald kamen die ersten Menschen und füllten die Straße mit Leben. Dabei standen jeweils zwei Kiezlots*innen (freiwillige Helfer*innen aus der Nachbarschaft) an der Ein- und Ausfahrt, falls Autos aus den Häusern der Anrainer ein- und ausfahren sollten.

Inlineskaten, Fahrradparcours fahren, Federball spielen, mit Kreide malen, Bobbycar-Wettlauf, Spiele spielen – nicht nur Kinder sondern auch viele Erwachsene nutzten den frei gewordenen öffentlichen Raum, um zu spielen, zu verweilen oder mit den Menschen aus der Nachbarschaft ins Gespräch zu kommen.

Wie geht es nun weiter? Die Anwohnenden hoffen auf Unterstützung aus dem Bezirk. Denn noch kann eine Erprobung nur als Demonstration oder über den komplizierten und kostenpflichtigen Weg des Sondernutzungsantrags erfolgen. Der Bezirk müsste einen einfacheren Weg bereitstellen, wie Initiativen und Interessensgruppen temporäre Spielstraßen ausprobieren und umsetzen können. Bisher signalisierte die Bezirksstadträtin Christiana Heiß zwar eine positive Einstellung zum Konzept und war am Samstag auch zwei Stunden lang vor Ort, doch darüber hinaus gab es bisher noch keine konkrete Unterstützung.

Wer das Konzept der temporären Spielstraße in der eigenen Nachbarschaft ausprobieren oder weiter verfolgen möchte, kann sich Unterstützung vom Berliner Bündnis Temporäre Spielstraße (info@spielstrassen.de) holen, welches lokale Initiativen von Anfang an bei der Umsetzung im eigenen Kiez unterstützt. Außerdem ist ein Netzwerk zu temporären Spielstraßen in Tempelhof-Schöneberg im Aufbau.

Wie es nun vor Ort in Friedenau weitergehen kann, besprechen wir am Mittwoch, 15.07. um 17:30 Uhr auf dem Cosimaplatz. Das Treffen ist offen für alle Interessierte.